29.05.2025
Tattendorf: Alfred Dopler, Gründungsmitglied des Großheurigens, im Gespräch zum 60-Jahr-Jubiläum
Unter zahlreichen Events ist es der Großheurige, der seit sechs Jahrzehnten Weinfreunde aus ganz Österreich nach Tattendorf lockt. Alfred Dopler, Großheurigenwinzer der ersten Stunde, er hat viele Entwicklungen erlebt und kann daher unendlich Geschichten davon erzählen. Er freut sich bereits auf seinen 60. Großheurigen, der nächste Woche Freitag, am 6. Juni offiziell eröffnet wird.
Alfred Dopler zählt mit seinen 84 Jahren noch lange nicht zum alten Eisen. Er ist mittlerweile der einzige Winzer, der sich seit Jahrzehnten beim Tattendorfer Großheurigen durchgehend aktiv engagiert.
Claudia Reisinger traf sich zum Gespräch mit dem junggebliebenen Tattendorfer, der auch lange Jahre Obmann der örtlichen Hauergemeinschaft war.
SERVUS NACHBAR (SN):
Sie engagieren sich seit Jahrzehnten für den Großheurigen in Tattendorf. Schon einmal ans Aufhören gedacht?
Alfred Dopler (AD):
Nein. Und wenn der liebe Gott und die Gesundheit mitspielen, habe ich auch weiterhin vor mitzuarbeiten.
SN:
Wie haben Sie die immer größere Berühmtheit des Tattendorfer Weins erlebt?
AD:
Die erste große Bekanntheit löste noch vor dem Großheurigen das hervorragende Abschneiden der Tattendorfer Winzer bei der ersten Landesweinkost 1951 aus. Wir haben mit unserem Blauen Portugieser beispielsweise den ersten und zweiten Platz belegt. Der damalige Bürgermeister nutzte die Chance und startete die erste große Werbeoffensive. Jeder Wirt, der Tattendorfer Wein ausschenkte, bekam ein Plakat mit der Aufschrift „Die Quelle Ihrer Gesundheit – TATTENDORFER ROTWEIN“ ausgehändigt. Von da an war Tattendorf schlagartig bekannt.
SN:
14 Jahre später wurde im Weinbauverein die Idee eines Großheurigen geboren. Wie ist das abgelaufen?
AD:
Wir haben uns als Veranstaltungsort für das Gasthaus und Weingut Rebhof Schneider entschieden. Jeder Winzer bekam zwei Meter Pult zum Ausschank. Beim Eingang wurden Kostmarken verkauft. Für jede Kostprobe musste beim Winzer ein Markerl abgegeben werden. Prädikatsweine kosteten bereits zwei Markerl. Beim ersten Großheurigen im Jahr 1965 kostete eine Kostprobe übrigens 2,60 Schilling (Anmerkung: heute 0,19 Euro).
SN:
Weshalb wurde der Standort später gewechselt?
AD:
Die ständig steigenden Besucherzahlen zwangen uns Winzer über einen Ortswechsel nachzudenken. Aus Platznot übersiedelten wir 1973 zur Triestingau, in das heutige Heurigendorf. Im Rahmen der Übersiedlunf haben elf Winzer die „Hauergemeinschaft Tattendorf“ gegründet.
SN:
Was kostete der Umzug?
AD:
Für die neue Veranstaltungsstätte wurden 1972 eine Million Schilling (Anmerkung: heute 72.700 Euro) in eine wetterunabhängige Holzhalle mit rund 1.000 Sitzplätzen sowie ein Freigelände für weitere rund 2.000 Gäste investiert. Ebenso musste eine entsprechende Infrastruktur mit Strom, Wasser, und Kanal geschaffen werden. Wir halfen beim Bau des Heurigendorfs selbst mit. Gerne erinnere ich mich an den enormen Zusammenhalt, der in unserer Gemeinschaft entstanden ist. Und auch die Geselligkeit kam nie zu kurz. Ich erinnere mich noch genau an die Arbeit, als wir den Kanal an die WC-Anlage angeschlossen haben. Dabei sind sehr bodenständige Lieder, wie „Die Heislpumpe“, entstanden, die noch heute - vor allem in der Faschingszeit - gemeinsam gesungen werden.
SN:
Sie hatten auch große Publikumslieblinge wie die Seer, die Paldauer, die Edlseer und Marc Pircher für den Großheurigen engagiert. Waren diese Stars immer einfach?
AD:
Jeder der zahlreichen Stars hatte seine eigenen Wünsche in seinen Verträgen gefordert. So mussten für DJ Ötzi zehn weiße Handtücher mit einer Größe von 70 x 30 Zentimeter vorbereitet werden. Jemand anderer verlangte eine Flasche guten Cognac, die dann aber nie konsumiert wurde. Von uns wurde immer alles vertragskonform bereitgestellt. Den Vogel schoss die Jazz Gitti ab, die nach ihrem Auftritt fürs nächste Jahr eine niedrigere Bühne forderte, weil bei der erhöhten Bühne ihre Beine zu sehr im Blickpunkt standen. Legendär war unser dorfeigenes „Fred Reinisch Quintett“, das bis 1993 jedes erdenkliche „Wunschkonzert – Querbeet“ zum Besten gab. Um diese Band wurden wir im ganzen Bezirk beneidet.
SN:
Wie wichtig sind Traditionen bei diesem Fest? Wurden auch mal neue Wege gegangen?
AD:
Natürlich haben wir in den mittlerweile 60 Jahren auch neue Wege gesucht. Viele Jahre wurde der Großheurige als längste Weinschank Europas beworben. Als wir uns 2010 zu einem neuen Format und einer Namensänderung entschlossen haben, wurden wir laufend angesprochen, ob es denn keinen Großheurigen mehr gibt. 2014 besannen wir Winzer uns unserer Tradition (Anmerkung: In Zusammenarbeit mit der Trumauer Kommunikationsagentur artcom) und das Weinfest bekam seinen ursprünglichen Namen zurück.
SN:
Was steht und stand für Sie über die Jahrzehnte hinweg immer im Mittelpunkt des Großheurigen?
AD:
Der Wein stand immer im Mittelpunkt. Der Großheurige Tattendorf ist ein wichtiger Botschafter für den Wein geworden ist. Der Qualitätsanspruch ist immer größer geworden. Lockte das Weinfest zu Beginn mehr die männliche Gesellschaft an, ist der Tattendorfer Großheurige zu einem Fest für die ganze Familie geworden. Vor allem die Jugend wollen wir mit einem breiten, kulinarischen Angebot verwöhnen.
SN:
Sie sind 84 Jahre. Welche Arbeiten erledigen Sie als Senior noch beim Großheurigen:
AD:
An der Schank stehe ich nur noch in Ausnahmefällen, dann wenn Not am Mann ist. Ich habe längst die wichtige Präsentationsaufgaben meines Weinguts übernommen. So gehe ich jeden Abend durch die Reihen, um unsere Gäste persönlich zu begrüßen.
SN:
Verraten Sie uns abschließend noch das Geheimnis ihrer Vitalität?
AD:
Die Arbeit beim Großheurigen hält mich jung. Ein weiteres Geheimrezept ist es, hie und da ein gutes Achterl Wein zu trinken. Denn mit dem Alter ist es wie mit einem guten Wein, es muss ein guter Jahrgang sein.
(c) Fotos: Claudia Reisinger
Redaktion - 15:42:59 @ Tattendorf, Wein-Kulinarik | Kommentar hinzufügen
Suchen
Kategorien
- alle
- Blaulicht
- Blumau-Neurißhof
- Deutsch Brodersdorf
- Ebenfurth
- Ebreichsdorf
- Gramatneusiedl
- Haschendorf
- Kultur-Kunst
- Landegg
- Leithaprodersdorf
- Loretto
- Mitterndorf
- Moosbrunn
- Neufeld an der Leitha
- Oberwaltersdorf
- Ökologie
- Politik
- Pottendorf
- Region
- Reisenberg
- Schranawand
- Seibersdorf
- Siegersdorf
- Sport
- Tattendorf
- Trumau
- Unterwaltersdorf
- Wampersdorf
- Weigelsdorf
- Wein-Kulinarik
- Wirtschaft
Kommentar hinzufügen
Die Felder Name und Kommentar sind Pflichtfelder.